Freitag, 9. Dezember 2022

«Politische Rechte für Menschen mit geistiger Behinderung» – ein breit aufgestelltes Initiativkomitee lanciert Volksinitiative im Kanton Solothurn

Am Freitag 9. Dezember 2022 hat ein Komitee unter Leitung des Initianten Lukas Paul Spichiger und der GLP-Kantonsrätin Simone Rusterholz die Initiative "Politische Rechte für Menschen mit geistiger Behinderung" lanciert. Die Initiative verlangt, dass im Kanton Solothurn auch Personen, die unter einer umfassenden Beistandschaft stehen, stimmen und wählen dürfen.

Die UNO-Behindertenrechtskonvention verpflichtet die Schweiz seit 2014 dazu, Menschen mit Behinderungen gegen Diskriminierungen zu schützen und sie auch am politischen Leben teilhaben zu lassen (§ 29 der Konvention). Aktuell stehen im Kanton Solothurn 206 von 182'218 Stimmberechtigten (0.1%) unter einer umfassenden Beistandschaft (Art. 398 ZGB).  Jährlich werden zudem ca. 60 Verträge von urteilsunfähig gewordenen Personen, die sich durch eine andere Person vertreten lassen (Art. 363 Abs. 2 Ziff. 2 ZGB), genehmigt. Diese beiden Personenkategorien sind vom Stimm- und Wahlrecht ausgeschlossen. Im Kanton Genf wie auch in unseren Nachbarstaaten Deutschland, Österreich, Frankreich und Italien können geistig Behinderte abstimmen und wählen. Diesem Beispiel soll nach Ansicht der Initiant:innen auch der Kanton Solothurn folgen. Entsprechende Bestrebungen laufen auch in anderen Kantonen (BS, TG, VD, NE, VS, BE). Auch Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen sollen selber ihre Meinung äussern dürfen und gehört werden. Es gibt keinen Grund zu warten, bis der Bund in dieser Sache tätig wird. 


Die Initiative entspricht dem «Leitbild Behinderung» des Kantons Solothurn aus dem Jahre 2021. Gemäss dessen Handlungsfeld 7, «politische Partizipation» sollen «alle Menschen an politischen Prozessen partizipieren». Zur Vereinfachung und besseren Verständlichkeit der Wahl- und Abstimmungsunterlagen kommt insb. die «leichte Sprache» in Betracht. Bereits heute nutzen der Bund und andere Kantone dieses Instrument, um komplizierte Vorlagen verständlich zu machen.


Aufgrund der zahlenmässig geringen Anzahl Betroffener sind die Auswirkungen der Initiative auf Abstimmungen und Wahlen beschränkt. Für Menschen mit einer geistigen Behinderung und deren Angehörige setzen die Annahme dieser Initiative und das Gewähren von politischen Rechten aber ein sehr starkes Zeichen für ein Miteinander in der Gesellschaft. Zudem besteht die Hoffnung, dass durch die Vereinfachung der Sprache auch weitere Teile der Bevölkerung, die sich heute wegen hoher Komplexität der Wahlunterlagen nicht an Wahlen und Abstimmungen beteiligen, dies in Zukunft tun werden.  


Das Initiativkomitee ist breit aufgestellt. Es setzt sich zusammen aus Behindertenorganisationen wie die Pro Infirmis (vertreten durch dessen kantonalen Präsidenten John Steggerda) und Insieme Solothurn wie auch aus Vertreter:innen des Nationalrates und des Kantonsrates, aus Gemeindepräsident:innen und engagierten Privatpersonen. 

Ab sofort werden Unterschriften gesammelt, damit die geforderten 3'000 Unterschriften fristgerecht bis am 10. Juni 2024 eingereicht werden können. 

Unterschriftenbögen können online über www.politische-rechte-fuer-menschen-mit-geistiger-behinderung.ch bezogen werden. 


Bitte schicken Sie unterzeichnete Unterschriftenbögen an:
Lukas Paul Spichiger
Talackerstrasse 15
4562 Biberist 

Kontakt
Lukas Paul Spichiger (lukas.paul.spichiger@gmail.com)
Simone Rusterholz (simeru@bluewin.ch)